Erste tiefe Hirnstimulation für Depression in Bern

Ein interdisziplinäres Ärzteteam der UPD und des Universitären Neurozentrums Bern hat zum ersten Mal eine tiefe Hirnstimulation bei Depression durchgeführt. Für die Patientin ist es die letzte Hoffnung auf Heilung.

Depressionen sind schwerwiegende Erkrankungen, die etwa jede fünfte Person in der Schweiz einmal im Leben treffen. Während die Behandlung der Depression mit Psychotherapie und Antidepressiva oft erfolgreich ist, so erleben dennoch rund 30% der Betroffenen keine Erleichterung. Für diese Patienten hat die Poliklinik der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der UPD ein spezifisches Angebot bei Therapieresistenz. Bei den Betroffenen werden nacheinander verschiedene Behandlungsstrategien durchgeführt, u.a. Kombinationsbehandlungen mit Lithium, Psychotherapietechniken für chronische Depressionen wie CBASP oder MBCT, oder nicht-invasive Hirnstimulationstechniken wie repetitive transkranielle Magnetstimulation (rTMS) und die hocheffektive Elektrokonvulsionstherapie (EKT). Diese Angebote können den Betroffenen in den allermeisten Fällen sehr gut helfen. Für diejenigen, die selbst unter dieser intensivierten Behandlung weiterhin depressiv bleiben, gibt es die Möglichkeit einer tiefen Hirnstimulation.
Die tiefe Hirnstimulation ist eine ganz spezifische Methode, bei der millimeterdünne Elektroden in einzelne Hirnzentren eingebracht werden.

Von aussen kann dann mithilfe eines Schrittmachers eine Stimulation im Hirn durchgeführt werden, wobei genauer Stimulationsort an der Elektrode, Amplitude und Frequenz der Stimulation eingestellt werden. Diese Hirnschrittmacher sind bewährt und sicher in der Behandlung der Parkinsonkrankheit. Bereits vor 20 Jahren begannen Neurologen und Neurochirurgen des Inselspitals tiefe Hirnstimulationen für Parkinson einzusetzen.

Deep Brain Stimulation
Deep Brain Stimulation

Die Eleganz der Methode liegt darin, dass ganz individuell und gezielt krankhafte Informationskreisläufe im Gehirn durch das Signal gestört werden und damit Symptome nachlassen, z.T. entstehen sogar neue hilfreiche Informationskreisläufe. Nach den Erfolgen bei Parkinson und essentiellem Tremor wurde tiefe Hirnstimulation auch bei Morbus Huntington, bei schwersten Zwangsstörungen, beim Tourette-Syndrom, bei Alkoholabhängigkeit und bei therapieresistenten Depressionen probiert. Weltweit sind heute circa 150 Personen mit Depression operiert worden. Dabei wurden drei verschiedene Orte im limbischen System, dem emotionalen Zentrum des Gehirns, stimuliert. Um in Bern die neuen Möglichkeiten nach den ersten Erfolgen mit Zwangsstörungen und Tourette auch Patienten mit Depression zur Verfügung zu stellen, hat ein interdisziplinäres Team des Neurozentrums um Prof. Dr. med. Claudio Pollo (Neurochirurgie), PD Dr. med. Michael Schüpbach und Dr. med. Ines Debove (Neurologie) sowie Prof. Dr. med. Sebastian Walther (Psychiatrie) seit rund fünf Jahren ein Programm für diese Behandlung zusammengestellt.

2017 kam erstmals eine Patientin mit therapieresistenter Depression zu uns, der mit den tertiärmedizinischen Angeboten unserer Poliklinik nicht geholfen werden konnte. Es folgte rund ein Jahr sorgfältiger Abklärungen, Vorbereitungen und Diskussionen mit der zuständigen Krankenkasse bis sie am 31. Oktober 2017 als erste Patientin in Bern mit einer tiefen Hirnstimulation bei therapieresistenter Depression behandelt wurde. Während der Operation kam es zu einer deutlichen Stimmungsaufhellung, als probeweise der Nucleaus accumbens stimuliert wurde. Die Patientin schaute sich um und lächelte. Zwei Tage nach der OP wurde sie auf unsere Kriseninterventionsstation verlegt. Aktuell erfolgt die schrittweise Einstellung der Stimulationsparameter. Es ist noch ein weiter Weg, bis die Depression überwunden ist. Die Patientin profitiert vom Können eines grossen interdisziplinären Teams, bei dem die Psychiatrie die zentrale Rolle hat. Die Indikationsstellung, die Begleitung der Familie, das Einholen der Kostengutsprache, die Vorbereitung zur OP, die Planung des Stimulationsortes, die Nachbehandlung, sowie das Gesamtkonzept mit Psychotherapie, Pharmakotherapie und Hirnstimulation obliegen der Psychiatrie. Für unsere erste Patientin nimmt die Erkrankung unter dieser neuen Behandlung einen guten Verlauf. Erfreulicherweise erlauben die Möglichkeiten der neuen Station Wernicke und die Zusammenarbeit im Neurozentrum, dass weitere Patientinnen und Patienten von diesem Angebot profitieren können. Die tiefe Hirnstimulation erweitert die Behandlungsmöglichkeiten für Schwerstkranke, bei denen alle anderen Behandlungen nicht erfolgreich waren. Das Angebot des Berner Neurozentrums ist das erste dieser Art in der Schweiz.

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